Karlsruhe: Stadtzeitung
Ausgabe vom 6. Mai 2016
Kultur: Bahn frei für den wilden Westen
WILDWESTSPIELEN können Groß und Klein im Landesmuseum etwa in einer Wüstenlandschaft mit Felsen und Kakteen. Foto. BLM
Badisches Landesmuseum lädt in Mittmachschau zum Cowboy- und Indianerspiel ein
Cowboy- und Indianerleben made in Germany in Theaterkulissen nachzuempfinden und zu spielen, dazu lädt das Badische Landesmuseum bis 3. Oktober in seiner ersten Familienschau ein.
Nirgendwo war neben den USA seit dem 19. Jahrhundert die Wildwestbegeisterung größer als in Deutschland. Cowboys und Indianer lieferten für beengt in immer größeren Städten lebende Menschen eine ideale Projektionsfläche für ihre Sehnsucht nach einem freien und natürlichen Leben. Große und Kleine treffen im Schloss zuerst auf eine Reitbahn mit Plüschpferden und einen Waggon mit Kostümen. Sie verweisen samt Panoramabild der Buffalo-Bill-Show auf die legendären Europatouren des ersten amerikanischen Großzirkus, der 30 Eisenbahnwagen für den Transport von Menschen, Tieren und Material brauchte. Darunter in Amerika von Gefängnis bedrohte Indianer samt Häuptlingen, die nur als Showdarsteller ihre in der Heimat verbotene Kultur weiter pflegen konnten und die Kunstschützin Annie Oakley.
Helden wie Tom Mix und Billy Jenkins wurden zu Idolen. Nach dem Ersten Weltkrieg wollten die Menschen nicht mehr nur zuschauen, sich per Literatur, Fotos und Filmen wegträumen, sondern selbst spielen. Wildwestclubs und Pfadfinderstämme entstanden. Fans treffen auf eine Wildweststadt mit Saloon, in der es neben einer Bar mit abschießbaren Flaschen einen Pokertisch, Irokesenmasken oder Wildwestkleidung von Marlene Dietrich gibt. Thematisiert werden zudem Karl May und seine Vereinnahmung durch die Nazis. Danach ist Indianerspielen in drei Tipis, einer bekletterbaren „Felslandschaft“ und Totempfählen mit Eule, Fuchs und anderen Tieren angesagt. Dazu kommen Miniaturspielzeuglandschaften aus dem Erzgebirge oder ein Modell der Freilichtbühne in Bad Segeberg. Im letzten Raum steht im Fokus, wie sich in der DDR Indianistikvereine zu Widerstandsnestern für Ökologie, Naturschutz und Spirituelles entwickelten. Und bei nachlassender Vereinsbegeisterung heute in Ost und West Formen wie Wildwestreiten, Motorradfahren in den Sonnenaufgang und modischer Westernstyle in sind. -cal-